"Magazin Science" (TELE 6/2003 S. 116)

zum Thema "Schwarze Löcher"


Was fasziniert die Menschen am Weltall? Ist es vielleicht der Reiz des unerforschten?

Natürlich, aber das war es immer. Neu ist an unserem Zeitalter, dass wir definitiv vom Philosophieren zum Rekognoszieren übergegangen sind. Mehr als einmal schon ist die von vielen so geschätzte Science Fiction sogar über Nacht Wirklichkeit geworden. Mehr kann man nicht erwarten! Ich denke hier z.B. an die Zeit, als die ersten Menschen Livebilder ihrer Spaziergänge und Autofahrten vom Mond in die Stube lieferten, oder als man das erste Marsauto fast live am Fernsehen oder im Internet mitverfolgen konnte oder als eine Sonde anfing, während Jahren täglich Bilder vom derzeit hellen "Mitternachtsstern" Jupiter und dessen Monden zu schicken. Astronauten erleben unser Zeitalter noch viel intensiver, denn sie fühlten sich schon als "echte Ausserirdische", und ich finde es immer doppelt spannend, Weltraumerfahrungen von ihnen persönlich geschildert zu bekommen.

Vor kurzem haben Wissenschafter im Zentrum der Milchstrasse ein Schwarzes Loch entdeckt. Was bedeutet das für die Astronomie?

Sehr viel, denn diese Objekte versprechen die Lösung einer Reihe von Rätseln. So, wie damals, als man merkte, dass die Sonne unmöglich mit Kohle geheizt sein konnte, und man hernach die Kernfusion entdeckte, welche den gewaltigen Energiefluss über Jahrmilliarden erklären konnte. Was nun aber, wenn ein Stern plötzlich millionenmal heller strahlt als eine Sonne, oder gar ganze Sternsysteme (Milchstrassen) im Zentrum etwas haben, das nicht nur unvorstellbar riesige Massen in sich vereinigt, ohne dass man diese sehen kann, und am Rande davon mit ungeheurer Energie in den verschiedensten Frequenzbereichen des Spektrums flackern? Was erst, wenn ganz ferne Objekte plötzlich so hell aufblitzen, dass man selbst mit den "normalen Schwarzen Löchern" nicht mehr erklären kann, wie solche Energiemengen auf "kleinstem Raum weniger Lichtstunden" umgesetzt werden können? Dann ist man schon fast beruhigt, wenn Astrophysiker vermuten, auch dies seien "nur" Schwarze Löcher, die in Richtung ihrer Rotationsachse eine Art Laserstrahl aussenden, der ein noch helleres Objekt vortäuscht, sobald er in unsere Richtung zündet. Das Wissen, auch im Zentrum unserer eigenen Milchstrasse ein Schwarzes Loch zu haben, ist also von fundamentaler Bedeutung.

Gerade Phänome wie schwarze Löcher faszinieren die breite Öffentlichkeit besonders. Das Thema wurde auch in populären Filmen, darunter «The Black Hole» mit Maximillian Schell, abgehandelt. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Filmproduzenten und Drehbuchautoren wählen gerne Themen über das "Grosse Einmaleins" physikalischer Faszination, weil sie damit das kleine scheinbar überspringen können und dann völlige "gestalterische Freiheit" bekommen. Der Preis dafür ist oft Ungeniessbarkeit für alle, die von der Sache etwas wissen und Unbegreifbarkeit für die anderen. Dennoch hat sich die Erwartungshaltung innerhalb und ausserhalb der Branche zu unüberbietbarem Nervenkitzel hinaufgeschraubt, und das ist leider nicht umkehrbar. Wenn die Faszination des Publikums trotzdem nie erlahmt, dann liegt das eher am Immergrün des Themas und nicht am Unterhaltungsangebot. Hier sehe ich eine grosse Chance für einen alternativen Weg, wie er beim Mystery Park in Interlaken beschritten wird: Präsentation der Rätsel, Anregung zum nachdenken und etwas, was ich seit Jahrzehnten als "Unterhaltung ist Lustgewinn durch Verstehen" nenne.

Schwarze Löcher werden oft auch als Bedrohung für die Erde dargestellt. Wie sehen Sie das?

Ganz im Gegenteil: bedroht wird unsere Erde (ausser vom Terrorismus) derzeit nur von Grossmeteoriten und Kleinstplaneten, welche unerkannt eines Tages auf die Erde abstürzen könnten - wie so unzählige zuvor in der Erdgeschichte. Zum Glück sind in nächster Zeit keine ganz grossen zu erwarten, welche die gesamte Menschheit auslöschen könnten. Dies ist auch ein wichtiges Thema auf meinem DVD-Planetenlexikon, wo ich den derzeitigen Stand der Forschung und die Möglichkeiten zur Abwehr gefährlicher Planetoiden in Text, Bild, Trickfilm und Ton erläutere. Zum Glück scheint es in unserer näheren Sternumgebung keine Kandidaten zu geben, welche demnächst zu explodieren drohen. So ist allein die Planetoidenforschung derzeit ein Gebiet, wo sich die Investitionen sehr wohl eines Tages tausendfach rentieren könnten. Sogar Grossversicherer machen sich hierüber bereits Gedanken, und auch sie haben die Möglichkeiten zur Prävention bereits zur Kenntnis genommen - dank der Raumfahrt!

Gibt es für den Laien die Möglichkeit schwarze Löcher zu beobachten?

Derzeit eigentlich nur als Weltraumtourist und mit einem Grossteleskop im Gepäck... Empfehlenswerter und billiger ist derzeit zweifellos das Studium neuer Bilder des Hubble-Weltraumteleskops, welche auf dem Internet recht schnell publiziert werden. Sogar Astronauten bedienen sich hier, wenn selbst sie ihren Horizont abermals erweitern wollen!

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